In diesem Beitrag soll noch einmal darauf aufmerksam gemacht werden, wie wichtig es ist, dass Sie in Ihrer MPU offene, ehrliche und genaue Angaben machen. Auswendig gelernte Geschichten oder ausweichende Antworten werden Ihnen in der Regel ein negatives MPU Gutachten einbringen. Aber auch wer nicht bewusst versucht zu täuschen, fällt hin und wieder durch die MPU und fragt sich hinterher wieso.
Oft wird dann vermutet, der Gutachter hätte einem einfach nicht geglaubt oder hätte absichtlich besonders gemeine Fragen gestellt und viel zu genau nachgebohrt. Anhand von Auszügen eines echten Negativ-Gutachtens werden im Folgenden einige Fallstricke der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung deutlich.
Fallbeispiel – Alkohol MPU
Frau M. hat nachts um 1:30 Uhr betrunken mit dem Auto einen Unfall verursacht. Erst am nächsten Morgen um 7:00 Uhr konnte ihr Blut abgenommen werden, um die Blutalkoholkonzentration (BAK) zu messen. Diese Messung ergab eine BAK von 1,96 Promille (um 7:00 Uhr).
Zur Frage, wie es zu der Trunkenheitsfahrt kommen konnte, gibt Frau M. folgendes an:
„Aus heutiger Sicht war es ein Fehler.“
Diese Antwort steht nicht im Zusammenhang mit der eigentlichen Frage. Der Gutachter wollte von Frau M. wissen, welche Erklärung Sie dafür hat, dass sie mit mehr als 2 Promille am Steuer gesessen hat. Die Antwort ist aber eher ausweichend. Somit muss der Gutachter an dieser Stelle noch einmal genauer nachfragen:
„Dass man unter Alkohol nicht fahren sollte, haben Sie doch sicher vorher schon gewusst, wie konnte es dennoch dazu kommen?“
Frau M.:
„Ich habe da nicht nachgedacht, das beschäftigt mich heute noch.“
Wieder ist die Antwort keine Erklärung dafür, dass Frau M. eine Trunkenheitsfahrt mit 1,96 Promille begangen hat. Die Antwort ist oberflächlich und lässt nicht darauf schließen, dass Frau M. die tatsächlichen Ursachen ihres Verhaltens erkannt hat. Daher fragt der Gutachter erneut nach:
„Was meinen Sie mit ‚Nicht nachgedacht‘?“
Frau M.:
„Ich kann nur sagen, dass es ein schwerwiegender Fehler gewesen ist.“
Diese Antwort hat Frau M. bereits zuvor gegeben und es ist keine ausreichende Erklärung. Daher fragt der Gutachter ein viertes Mal nach:
„Aber worin sehen Sie die Ursache?“
Frau M.:
„Da gibt es keine.“
Der Gutachter hat hier sein Bestes gegeben, um herauszufinden, ob Frau M. die Ursachen ihres Verhaltens und der Trunkenheitsfahrt erkannt hat. Die Antworten sind aber entweder zu oberflächlich, ausweichend oder ungenügend. Gerade die letzte Angabe von Frau M., dass es keine Ursache für die Trunkenheitsfahrt gebe, wird in der Regel zu einem negativen MPU Gutachten führen.
In der MPU geht es ja genau darum, die Ursachen für seine Auffälligkeiten darzulegen. Wer die Ursachen gar nicht erkannt hat oder diese nicht nennen möchte, kann auch die MPU nicht bestehen.
Genaue Angaben zum (Alkohol-)Konsum sind wichtig für die MPU
Nun will der Gutachter von Frau M. wissen, wie ihr Alkoholkonsum in der Vergangenheit ausgesehen hat. Anhand dieser Angaben kann der Gutachter die Alkoholproblematik von Frau M. einschätzen und sieht, ob vielleicht eine Alkoholabhängigkeit vorgelegen hat. Hat keine Alkoholabhängigkeit vorgelegen, muss der Gutachter zusätzlich noch abschätzen können, ob für Frau M. in Zukunft der Konsum von Alkohol noch in Frage kommt oder ob sie konsequent auf Alkohol verzichten muss.
Gutachter:
„Wie sah Ihr Alkoholkonsum in den Jahren vor dem Delikt aus?“
Frau M.:
„Am Wochenende, wenn mal eine Feier gewesen ist oder man eingeladen worden ist.“
Gutachter:
„Haben Sie nur am Wochenende getrunken?“
Frau M.:
„Ja. Von den Mengen war es unterschiedlich, ich kann es nicht genau sagen.“
Gutachter:
„Was war die übliche Menge?“
Frau M.:
„Wenn man gefeiert hat, sind ein paar hingestellt worden und noch ein paar. Die anderen Wochen war es dann wieder anders, da wars ganz normal, kontrolliert. Deswegen will ich mich beschränken auf: unterschiedlich… auch mal zum Mittagessen eins, aber auch nicht regelmäßig.“
Es fällt auf, dass Frau M. hier keinerlei genaue Angaben zu ihren Trinkmengen macht. Lediglich die Trinkanlässe können grob wiedergegeben werden. Was leider noch erschwerend hinzukommt ist die Tatsache, dass Frau M. hier angibt, nur am Wochenende getrunken zu haben. Die Nacht vom 21.06.2012 auf den 22.06.2012 war aber ein Donnerstag. Somit sind die Angaben von Frau M. widersprüchlich.
Der Gutachter gibt aber nicht auf und versucht es weiter:
„Wie schätzen Sie denn Ihren früheren Alkoholkonsum ein?“
Frau M.:
„Normal wäre im Jahr circa 8 mal zu besonderen Anlässen und nicht mehr wie 0,8 Promille.“
Die Angaben von Frau M. sind nicht unbedingt falsch, beziehen sich aber überhaupt nicht auf die Frage, was auch den Gutachter noch einmal nachfragen lässt:
„Wie Sie Ihren eigenen Alkoholkonsum einschätzen.“
Frau M.:
„Früher in der Jugend war es anders.“
Gefragt war hier eigentlich nach dem Alkoholkonsum in den Jahren vor dem Delikt, daher fragt der Gutachter erneut nach:
„Wie hat aber Ihr Alkoholkonsum in den letzten Jahren vor dem Delikt ausgesehen?“
Frau M.:
„Ich habe da nicht genau gezählt. Unterschiedlich.“
Ohne Angaben kein (positives) Gutachten
Wieder war es dem Gutachter trotz mehrfachen Nachfragens nicht möglich, den Alkoholkonsum von Frau M. realistisch einzuschätzen. Die Angaben von Frau M. waren ausweichend, nicht genau und bezogen sich teilweise gar nicht auf die eigentliche Frage.
Spätestens hier ist klar, dass dieses Gutachten nicht positiv für Frau M. ausgehen kann, obwohl sie gar nicht bewusst falsche Angaben machen wollte. Der Gutachter konnte aber keine verwertbaren Angaben für sein Gutachten sammeln und dementsprechend auch kein positives Gutachten schreiben.
Genau genommen kann er gar nicht viel schreiben, da er kaum etwas Relevantes von Frau M. erzählt bekommen hat. Eine Begutachtung, in der keine verwertbaren Angaben gemacht werden, wird immer negativ!
Für die Betroffenen ist es immer wieder erstaunlich, wenn solch ein negatives Gutachten bei ihnen eintrifft. Aus ihrer Sicht haben sie offen und ehrlich geantwortet und auch allerlei erzählt. Oft aber überhaupt nicht das, was der Gutachter eigentlich hören wollte.
Das ständige Nachfragen des Gutachters verwirrt viele Betroffene, weil sie gar nicht wissen worauf der Gutachter gerade hinaus will. Manche glauben, der Gutachter wolle eine Falle stellen und solange nachfragen, bis man sich „verplappert“. Andere ärgern sich, weil sie die Fragen des Gutachters viel zu detailliert finden und sich gar nicht an alles erinnern können, was in der Vergangenheit passiert ist.
Tipps für Ihre MPU
Wenn Sie bei einer Alkohol MPU nach Ihrem Alkoholkonsum in den Jahren vor dem Delikt gefragt werden, dann beschreiben Sie dem Gutachter, wie oft, mit wem und wie viel Sie getrunken haben. Versuchen Sie so genau wie möglich zu erzählen und weichen Sie der Frage nicht aus. Sie sollten sich bereits im Vorfeld der MPU zu dieser Frage Gedanken gemacht haben und nicht erst in der MPU anfangen zu überlegen.
Kein Gutachter verlangt von Ihnen eine detaillierte Strichliste mit alkoholischen Getränken, die Sie vor dem Delikt zu sich genommen haben. Aber man kann von Ihnen erwarten, dass Sie sich vor Ihrer MPU damit auseinander gesetzt haben, wie Ihr Alkoholkonsum in etwa ausgesehen hat, wie Sie Ihren Alkoholkonsum in der Vergangenheit selbst einschätzen und wie Sie in Zukunft mit Alkohol umgehen möchten.
Zum Bestehen einer Alkohol MPU müssen Sie Ihr Trinkverhalten entscheidend geändert haben (Abstinenz ist nicht zwingend notwendig). Wenn Sie gar nicht wissen, wie viel Sie getrunken haben und Ihren eigenen Konsum nicht einschätzen können, wie wollen Sie Ihren Konsum dann nachhaltig verändern?
Sie müssen außerdem wissen, was die Gründe (Motive oder Ursachen) für Ihren Alkoholkonsum waren und wie sich Ihr Konsum im Laufe der Zeit entwickelt hat. Angaben wie „Es hat mir Spaß gemacht zu trinken“ sind viel zu oberflächlich und erklären außerdem nicht, warum überdurchschnittlich hohe Mengen an Alkohol über viele Monate oder Jahre konsumiert wurden.
Die Ursachen Ihrer Auffälligkeiten müssen Sie im Vorfeld Ihrer MPU bereits aufgearbeitet haben, mit oder ohne professionelle Hilfe. Wenn Sie keine Gründe für Ihr Verhalten nennen können, dann kann der Gutachter auch nicht davon ausgehen, dass Sie in Zukunft Ihr Verhalten ändern werden.
Hallo, ich hatte bereits 3 Alkoholfahrten und bei der 2. Eine bestandene mpu. Nun kam vor drei Jahren die dritte alkoholfahrt dazu. Mpu wird natürlich wieder verlangt. Seid dem 12.11.21 bin ich abstinent und habe von Januar 22 bis April 22 eine Langzeit entwöhnung gemacht. Danach ein halbes Jahr Nachsorge. Viele sagen nun ich soll die entwöhnung nicht erwähnen. Ist das richtig? Welche Konsequenzen könnte es denn haben wenn ich die entwöhnung mit angeb? Viele sagen die führerschein Stelle würde mir die Fahrerlaubnis dann nicht geben da ich in keiner Selbsthilfe Gruppe bin etc. Jedoch war doch die entwöhnung mit etlichen Therapien und bei der Nachsorge war der Berater der Meinung ich sei gefestigt genug und bräuchte keine Selbsthilfe Gruppe. Was ich meiner Meinung nach auch bisher nicht brauch. Ich bin definitiv gefestigt und habe alles gelernt um nicht mehr in eine Spirale des Konsums zu rutschen
Hallo Benjamin, ich bin mir nicht sicher, wieso Ihnen jemand geraten hat, die Entwöhnung nicht anzugeben. Dies dürfte eher zu Ihrem Vorteil sein. Je je mehr Sie gemacht haben, um abstinent zu bleiben, desto besser, oder?
Leider bekommt man (gerade im Bekanntenkreis) oft irritierende Ratschläge für die MPU. Hören Sie am besten nur auf Fachleute, die sich auch mit dem Thema auskennen.
Alles gute für Sie und viel Erfolg bei der nächsten MPU!
C. Schwarz